Ich war bei einem Boxkampf.

Das war eine interessante Erfahrung, betrachtet man die Tatsache, dass ich noch nie zuvor auf einem Event war, wo sich zwei Kerle geprügelt haben, während andere Männer in Hemd und Fliege daneben standen, den Kampf bewerteten und dafür sorgten, dass sich alle an die Regeln halten.

Der Eintritt ist ziemlich lässig, wenn man auf der Gästeliste steht, und man bekommt lustig Armbändchen. Meins war blau und schräg geklebt, sodass ich gleich noch ein paar Haare am Handgelenk verlor. Das war aber ok; die Boxkämpfer mussten an dem Abend bestimmt unter mehr Schmerzen leiden.
Das ganze fand in einem Hotel in Halle statt, dem Maritim. Das Hotel ist okay, die Stadt eher weniger, das macht aber nichts, denn ich kam nicht wegen der Stadt sondern wegen dem Boxkampf, oder vielmehr -kämpfen. Weil es ziemlich dunkel war habe ich auch nicht sehr viel von Halle gesehen, dort gibt es aber auch nicht sehr viel zu sehen, ich kenne die Stadt ja.
In einem Saal des Maritims war ein Ring aufgebaut, wie man das eben so kennt, ein paar Schnüre, die eine Fläche umzäunen, auf einem erhöhten Podest. Darum standen Stühle, wo man sich bequemerweise hinsetzen konnte.

Ein Ansager, der gar keinen richtigen Smoking sondern nur einen Anzug und ein Hemd mit Kläppchenkragen und Fliege trug, hat durch das Event geführt. Es gab auch ziemlich viele Kameras, der Kampf war wohl ziemlich wichtig, war Teil einer World Irgendwas Liga und wurde irgendwohin live übertragen. Außerdem gab es Cheerleader, die bestimmt gar nicht Cheerleader heißen, sondern im Boxsport irgendeinen speziellen Namen haben. Ich nenne sie aber trotzdem so, es war schließlich das erste Mal, dass ich bei so einem Kampf war.
Gekämpft hat ein deutsches Team aus Leipzig gegen ein aserbaidschanisches aus Baku. Die Teamnamen hätten auch aus Harry Potter kommen können. Es gab fünf Kämpfe – für jede Gewichtsklasse einen – mit jeweils fünf Runden. Das Leipziger Team hatte ein Heimspiel, obwohl sie ja eigentlich gar nicht aus Halle kamen, sondern aus Leipzig.

Niemand ist nach einem harten Schlag zu Boden gegangen und hat sich nicht mehr gerührt. Ziemlich enttäuschend und nicht so, wie man sich einen Boxkampf vielleicht im ersten Moment vorstellt. Stattdessen haben sich die Gegner gegenseitig vor die Birne gehauen und den anderen auch ziemlich oft umarmt, was wahrscheinlich den Zweck hatte, eine kurze Pause zu bekommen oder aus einer Ecke herauszukommen.

Das aserbaidschanische Team hat gewonnen, vier zu eins, was dem Publikum gar nicht gefallen hat. Das war übrigens ziemlich interessant; die Zuschauer haben mächtig rumgegröhlt und vorwiegend den deutschen Boxern widersprüchliche Anweisungen zugerufen.

Bewertet werden Boxkämpfe übrigens von drei Richtern, die nach jeder Runde für die beiden Kämpfer bis zu zehn Punkte vergeben. Nach den fünf Runden werden die Punkte dann zusammengezählt und gewonnen hat der, der von zwei Punktrichtern mehr Punkte bekommen hat als der andere.

In der letzten Runde wurde sogar das sprichwörtliche Handtuch geworfen und ich weiß jetzt woher die Redewendung kommt. Nachdem der Leipziger ziemlich auf die Rübe bekommen hat, hat der Trainer mit einem Handtuch in den Ring gewedelt und der Kampf wurde abgebrochen. Damit hatte der aserbaidschanische Kollege gewonnen, obwohl es erst die zweite Runde war.

Einen Boxkampf kann man sich also mal anschauen. Mein neues Hobby wird es aber nicht.

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